Eine spektakuläre Schiebung – die Oberkasseler Brücke
Sieben Brücken überqueren im Düsseldorfer Stadtgebiet den Rhein, von denen vier die Handschrift des Planers Professor Friedrich Tamms tragen und deshalb gerne als Brückenfamilie bezeichnet werden. Von ihnen ist die Oberkasseler Brücke wegen ihrer Geschichte und ihrer ungewöhnlichen Bauart zweifellos die interessanteste.
Geschichte
Erstmals wurde 1699 eine Gierponte erwähnt, die Düsseldorf mit dem alten Oberkassel verband. 1839 wurde sie durch eine feste Schiffsbrücke ersetzt. Knapp 60 Jahre später baute die Rheinische Bahngesellschaft die erste massive Brücke über den Strom, um eine elektrische Schnellbahn darüber zu führen und die dörfliche linksrheinische Halbinsel für das schnell wachsende Düsseldorf zu erschließen: Ein stolzes Bauwerk mit hohen eisernen Bögen und gewaltigen löwengeschmückten Portalen. 1927 wurden die Portale abgerissen und die Brücke auf 27m verbreitert. 1945 sprengten deutsche Pioniere die „Skagerrak-Brücke“, wie sie inzwischen hieß, um den amerikanischen Vormarsch aufzuhalten. Wie im 18. Jahrhundert war nun das Überqueren des Rheins nur noch mit Bötchen aller Art möglich. Zwar errichteten englische Pioniere eine Pontonbrücke, die „Freeman-Bridge“, doch wurde sie nach kurzer Zeit durch einen aus dem Ruder gelaufenen Schleppkahn versenkt. 1947 wurde eine neue, viel zu schmale aber massive Dauerbehelfsbrücke eröffnet.
Konzept
Mit Zunahme des Verkehrs erwies sie sich schnell als Nadelöhr. Stadtplaner Professor Tamms erdachte daher eine ungewöhnliche und unschlagbar wirtschaftliche Maßnahme: Eine breite neue Brücke wurde neben dem „Dauerprovisorium“ errichtet und nahm dessen Verkehr auf, bis die alte Konstruktion abgerissen war. Über ein vorbereitetes Gleitlager glitt die neue Brücke am 8. April 1976 an die Stelle ihrer Vorgängerin, der Verkehr war nur wenige Tage unterbrochen. Der Verschub einer kompletten Brücken- Konstruktion war aber nur möglich, weil die neue Brücke von nur einem Pylon getragen wird. (die 1969 errichtete Kniebrücke hat deren zwei und die Nordbrücke aus dem Jahr 1957 sogar vier).
Erscheinung
Die elegante Form der neuen Oberkasseler Brücke resultiert in erster Linie aus ihrer ungewöhnlichen Bauart: mit vier symmetrisch angeordneten Schrägkabeln hängt das 35m breite Bauwerk an einem 100m hohen Pylon und überbrückt eine Strombreite von 260m. Die beiderseits weit auskragenden Fahrbahnen verjüngen sich nach außen auf 0,65m Stärke, so dass die Konstruktion wie ein schmaler Steg erscheint, der mit unglaublicher Eleganz den Rhein überspannt. Kein gewaltiger Eisenbogen, kein Gitterwerk behindert den Ausblick auf die beiden attraktiven Rheinfronten.
Aussicht
Eine Bauzeichnung der Vorlandbrücke (das ist die Bücke über dem Festland) zeigt, dass es möglich ist, die Trasse der Straßenbahn kontinuierlich abzusenken, so dass sie am Luegplatz unter der Erde verschwinden und bis zum Belsenplatz unterirdisch geführt werden kann. Welch eine Vision: die Luegallee frei vom Schienenverkehr mit breiten Rad- und Flanierwegen!