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Die alte Jugendherberge 1937 - 2006


Wo heute die neue Jugendherberge entsteht, erfreute einst das beliebte Ausflugslokal „Rheinlust“ die Düsseldorfer Bürger. Es war von der Rheinischen Bahngesellschaft als Ersatz für die vielen Gaststätten errichtet worden, die der Verlegung des Rheindeiches zum Opfer gefallen waren. Nach Ende des ersten Weltkrieges nutzten die belgischen Besatzungstruppen die „Rheinlust“ als Lazarett und ließen das Gebäude so stark verkommen, dass es 1928 abgerissen werden musste. Am 1. März 1936 legte der damalige Oberbürgermeister Wagenführ den Grundstein für eine Jugendherberge, die nach den Plänen des Architekten Gustav August Munzer errichtet wurde. Mit 500 Heimplätzen sollte es die größte Jugendherberge seit der Machtergreifung werden. Am 6. Mai 1937 wurde das Bauwerk mit dem üblichen Pomp eingeweiht und auf den Namen des Reichspropagandaministers Joseph Goebbels getauft. Nach Ende des zweiten Weltkrieges diente die Jugendherberge zunächst zur Unterbringung obdachloser Familien, sowie als Büro des Wiederaufbauministeriums. Erst 1949 nahm sie ihren Herbergsbetrieb in vollem Umfang wieder auf und verfügte zuletzt über 272 Betten.


Erscheinung:

Sieht man von einigen nachträglich angesetzten Bauteilen ab, fügte sich das Gebäude erstaunlich gut und eher unauffällig in das Gesamtbild Oberkassels ein: zurückversetzt und von hohen Bäumen umgeben lag es am Fuße der Kniebrücke zwischen den Nobelstraßen Rheinallee und Kaiser Wilhelm Ring, sowie an der Düsseldorfer Straße mit ihrer variantenreichen viergeschossigen Jugendstilbebauung, die städtebaulich als weithin sichtbare Silhouette des Stadtteils von größter Bedeutung ist. Ein großzügiger Platz wurde vom Bettentrakt und dem eingeschossigen Verwaltungsbereich umgeben. Das farbige Majolika- Relief am kleinen Trafohäuschen war für viele, die den Rhein überquert haben, eine liebenswerte Begrüßung geworden.


Geschichte Teil 2:

Für einen zeitgemäßen Jugendherbergsbetrieb war das Gebäude schon längst nicht mehr geeignet, nicht nur räumlich, sondern vor allem wegen der problematischen Park- und Zufahrtssituation. Daher wurde seit Jahren ein Abriss und Neubau diskutiert und schließlich im Jahr 2004 von der Bezirksvertretung beschlossen. Das Ensemble stand auch nicht unter Denkmalschutz, da es nach dem Urteil der Unteren Denkmalbehörde durch veränderten Wiederaufbau, Teilaufstockung und sonstige Umbaumaßnahmen nach dem zweiten Weltkrieg innen wie außen erheblich verändert wurde. Der Bau sei in seiner Gestaltung weder typisch für die Baukunst der Dreißigerjahre noch richtungweisend für die Fünfziger. Auch sei er innerhalb des Denkmalbereiches Oberkassel, der vor allem durch die städtebaulichen Vorstellungen der vorletzten Jahrhundertwende geprägt und definiert sei, nicht als typisch anzusehen. Dieses Prädikat wäre eher dem Vorgängerbau, der jugendstilig- neubarocken „Rheinlust“ zugekommen. Einem Abriss wurde daher zugestimmt, 2006 wurde das Ensemble dem Erdboden gleichgemacht.


Geschichte Teil 3:

Inzwischen wurde die neue Jugendherberge nach Plänen der Aachener Architekten Hahn/Helten errichtet. Ein funktionaler Bau, der sich bei den zahlreichen Besuchern aller Altersklassen großer Beliebtheit erfreut. Aber auch ein beliebiges Stück Architektur, bei dem kein Versuch erkennbar ist, ein Ensemble in das Ortsbild und die Rheinlandschaft einzufügen. Welch vertane Chance, am Entrée von Oberkassel ein Architektonisches Highlight zu setzen!

Jugendherberge 1937-2006